Goodgame Studios: Die dunkle Seite der Macht

Vor sieben Monaten war der Entwickler und Publisher von Computerspielen Goodgame Studios in Kritik geraten die Bildung eines Betriebsrates zu verhindern - nun folgen bis zu 600 Entlassungen!

Vor sieben Monaten haben wir ein wenig häufiger über Goodgame Studios berichtet. Egal ob es dabei um die Frage „Torpedieren die Goodgame Studios die Gründung eines Betriebsrats?„, die Aussage „Die Goodgame Studios fühlen sich angegriffen„, meiner persönlichen Meinung mit „Warum ein Betriebsrat im Gaming-Sektor nichts zu suchen hat!“ und dem Resultat „Kein Betriebsrat bei den Goodgame Studios“ berichtet.

Gleich vorab: Ich stehe immer noch zu der Meinung das ein Betriebsrat in einer so agilen Branche eher hinderlich für den wirtschaftlichen Erfolg ist. Das heißt aber nicht, dass das Behandeln der Angestellten komplett hinten herunterfallen darf. Bei Goodgame Studios arbeiten aktuell 1.100 Angestellte – es wird von 600 Kündigungen gesprochen, also mal ein Cut von über 50 %.

Bereits im Dezember 2015 wurden 28 Angestellte vor die Tür gesetzt, zu dem Zeitpunkt, bei der Firmengröße, würde ich das durchaus als normale Fluktuation betrachten, auch rückwirkend. Jedoch ist die Entlassung von der Hälfte der Firma ein sehr radikaler Schritt.

Das es in der Gaming-Branche ein wenig ruppiger zugeht, das weiß eigentlich jeder, der schon ein paar Jahre dabei ist und den Wandel vom Nischenbereich zum Mainstream mitgemacht hat, auch der Fokus der Geschäftsführer hat sich natürlich in dieser Zeit gewandelt.

Ich muss aber sagen das Entlassungen in dieser Größenordnung, nur sieben Monate nach Abwehr der Gründung eines Betriebsrates schon sehr auffällig ist, denn solche Entscheidungen trifft man ja nicht mal eben so, sondern plant diese, mindestens 1 Jahr im voraus – man kann also durchaus die Vermutung haben, dass das ganze von vornherein so geplant war.

In solchen Fällen müssen die Angestellten natürlich geschützt werden, meine Meinung war ja kein Freibrief um Angestellte schlecht zu behandeln, auch wenn mir durchaus bewusst ist, dass das leider ein gängiger Standard innerhalb der Spielebranche ist.

So weiß ich selber von einem Fall – Nein, ich werde jetzt keine Firma benennen – in der ein langjähriger Mitarbeiter eine neue Position und einen neuen Arbeitsvertrag erhalten hat. Leider hat er nicht auf einen Änderungsvertrag bestanden und verlor mit diesem neuen Arbeitsvertrag seine 6-monatige Kündigungsfrist und wurde mit einer neuen Kündigungsfrist und Probezeit nach 2 Wochen aus dem Unternehmen entfernt.

Ich würde mir wünschen das es Standards gibt, und das ohne gleich einen Betriebsrat zu installieren, denn ich halte diesen, jedenfalls in der Spielebranche, nach wie vor für nicht praktikabel.

Zu diesem Sachverhalt haben wir eine Anfrage zur Stellungnahme an Goodgame Studios, als auch an den Pressesprecher ver.di-Hamburg gesandt. Sobald uns diese vorliegen werden wir diese natürlich umgehend veröffentlichen.

Björn Krings, Pressesprecher ver.di Hamburg

„Mit der aktuellen Entlassungswelle haben Goodgame Studies ihr wahres Gesicht gezeigt. Die Stimmungsmache gegen eine Betriebsratswahl Ende letzten Jahres war scheinbar bewusst von der Geschäftsführung kalkuliert. Jetzt haben die gekündigten Kolleginnen und Kollegen aufgrund eines fehlenden Betriebsrates kaum Möglichkeiten ihre Interessen ausreichend gegenüber dem Unternehmen durchzusetzen. Dieses traurige Beispiel zeigt: Betriebsrat und Gewerkschaft bleiben wichtig, auch in einer neuen Arbeitswelt.“

Fabio Lo Zito, Manager Product Communications Goodgame Studios

Stefan: Grundsätzlich würde mich interessieren ob Zahlen vorliegen wie viele dieser Angestellten für einen Betriebsrat gestimmt hatten.

Fabio: Die Abstimmung für oder gegen einen Betriebsrat im Januar wurde anonym und von Verdi durchgeführt. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Befürwortern eines Betriebsrats und Entlassenen.

Stefan: Darüber hinaus um welche Bereiche es sich gezielt handelt. Ich gehe von der Pressemeldung aus das einzelne Abteilungen komplett geschlossen werden.

Fabio: Wir konzentrieren uns in Zukunft wieder auf unser Kerngeschäft, Strategiespiele für die Plattformen Mobile und Browser, deshalb schließen wir unser Casual Studio und Projektteams in anderen Studios. Außerdem werden wir alle unsere Zentralbereiche, die nicht unmittelbar mit der Spieleproduktion betraut sind, neu ordnen.

Stefan: Das geplante Wachstum Ende 2016 / Anfang 2017 bietet keine Möglichkeit die Angestellten in diese wachsenden Abteilungen zu versetzen?

Fabio: Wir planen Ende 2016 und Anfang 2017 zwar neue vielversprechende Spiele zu veröffentlichen. Erst wenn sich der Erfolg tatsächlich einstellt, denken wir über erneutes personelles Wachstum nach. Für zukünftiges Wachstum ist es wichtig, neue, erfolgreiche Spiele zu veröffentlichen. Bis das passiert ist, planen wir nicht damit, personell wieder anzuwachsen.

Stefan: Außerdem wird speziell das Development und Marketing in den Fokus gehoben, sieht der Fahrplan die komplette Einstellung des Publishings und ein Umstieg aufs Licensing vor?

Fabio: Nein – Goodgame Studios wird weiterhin ausschließlich in-house produzierte Titel veröffentlichen.

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