Christian Dürr
Christian Dürr

Ich hatte die Möglichkeit ein Interview mit Christian Dürr von der FDP, seines Zeichens Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Oldenburg-Land, zum Thema Onlineglücksspiel zu führen.

Stefan: Moin Christian! Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview zum Thema Onlineglücksspiel genommen hast! Wir haben in unserer Einstiegs-Kolumne unsere Leser bereits darauf hingewiesen das wir uns ein wenig näher mit dem Thema Onlineglücksspiel befassen möchten. Meinem Verständnis nach ist das ganze Thema in Deutschland, als auch in der EU, eine rechtliche Grauzone, speziell auf Grund der Glücksspiellizenzen aus Gibraltar oder aber auch Isle of Man. Laut dem deutschen Staatsvertrag ist die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet ja grundsätzlich verboten und somit, meiner Auffassung nach, auch illegal. Wie stehst du persönlich, als auch deine Partei zu dieser Aussage?

Christian: Moin Stefan! Genau das ist die richtige Zusammenfassung der aktuellen, verfahrenen, Situation. Leider handelt es sich beim Thema Glücksspiel um ein absolutes Feinschmeckerthema – sicherlich auch der Komplexität geschuldet. Aber, befasst man sich einmal etwas intensiver damit, kann man nur noch den Kopf schütteln. So geht es mir zumindest und da spreche ich auch für meine Partei. Wer heute online Poker spielt, steht mit einem Fuß bereits im Gefängnis. Das ist irre und absolut nicht zeitgemäß – daher wollen wir das ändern.

Stefan: Glücksspiel kann ja zu einer Sucht werden. Als Anlaufstelle empfehlen wir dort die offizielle Webseite „Spielen mit Verantwortung“ von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Wie stehst du zu diesem Thema?

Christian: Das Suchtpotential darf man nicht unterschätzen. Aber gerade deshalb ist es ja so wichtig, dass wir endlich auch in ganz Deutschland klare Regeln auf dem Markt schaffen. Damit stärken wir den Verbraucherschutz regulatorisch und könnten Aufklärung und Suchtprävention auf eine solide finanzielle Basis stellen, denn momentan entgehen dem Staat durch die Illegalität des Onlineglücksspiels Steuereinnahmen in Millionenhöhe.

Stefan: Was sind deiner Meinung nach die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Glücksspiel und Onlineglücksspiel?

Christian: Das Onlineglücksspiel zieht vermehrt junge Menschen an, aber nicht nur. Beim Onlineglücksspiel liegt für eine breite Masse der Gesellschaft die Hemmschwelle deutlich niedriger als beim Gang in ein abgedunkeltes Glücksspielcasino in einem Gewerbegebiet. Da hat die Branche nach wie vor, sicherlich auch ungerechtfertigt, ein Imageproblem.

Stefan: Laut des Glücksspieländerungsstaatsvertrages von 2012 können sich Personen besser gegen die Gefahren von Glücksspiel mit einer Teilnahmesperre schützen. Dies gilt jedoch ausschließlich für staatliche Spielbanken oder staatlich angebotene Glücksspiele. Siehst du hier eine Notwendigkeit dieses Gesetz auf Onlineglücksspiel auszuweiten und wenn ja, wie könnte ein funktionierendes System zur Teilnahmesperre an Onlineglücksspiel aussehen?

Christian: Wir dürfen nicht vergessen: Ein solches System bedingt die Sammlung und Speicherung von sensiblen Daten in großem Ausmaß. Gerade im Onlinebereich wüsste ich nicht, wie man dies im Sinne des Verbrauchers sicher umsetzen könnte. Daher stehe ich einer solchen Gesetzesausweitung sehr skeptisch gegenüber.

Stefan: Bereits 2012 hat der OECD angegeben das jährlich bis zu 57 Milliarden Euro in Deutschland durch Internetglücksspiele gewaschen wird. Sowohl der OECD, als auch die FATF haben bereits 2009 die Möglichkeit zur Geldwäsche offengelegt und dokumentiert. Wie sind deine Pläne, als auch die Pläne deiner Partei, diese nicht erhaltenden Steuereinkünfte in den Staatshaushalt zurückzuführen?

Christian: Nun ja, mit der gesetzlichen Lage, wie wir sie momentan haben, wird dies nicht möglich sein. Es ist allerdings erschreckend, dass die meisten Parteien in unserem Land das anders sehen. Für uns Freie Demokraten ist klar: der bisherige Glücksspielstaatsvertrag mit seiner komplizierten und vor zahlreichen Gerichten gescheiterten Konzessionsvergabe muss durch eine neue Regelung ersetzt werden – eine, die den Glücksspielmarkt an die Realität anpasst und die Onlinespieler aus der Illegalität führt, die die Verbraucher schützt und angemessene Aufklärungsangebote gewährleistet und die natürlich auch für eine angemessene Besteuerung sorgt.

Stefan: Wenn man den Staatshaushalt durch weitere Einkünfte aufstocken könnte, wären dann Onlineglücksspielbanken nicht auch eine Idee für die Bundesregierung damit eben die geltenden Gesetze in Deutschland eingehalten werden?

Christian: Ich bin der Meinung, dass der Staat bereits über genügend Einnahmen verfügt – zumal, wenn wir das Onlineglücksspiel legalisieren. Darüber hinaus stelle ich mir die Frage, warum der Staat als Unternehmer agieren sollte, wenn es bereits genügend private Anbieter gibt. Das verzerrt nur den Wettbewerb und schadet am Ende dem Verbraucher.

Stefan: Wenn es eine staatliche Onlineglücksspielbank geben würde, wäre es eine Option andere, nichtdeutsche Onlinespielbanken in Deutschland zum Schutz des Verbrauchers zu sperren oder wird hier mit der Unschuldsvermutung argumentiert, was ja in einigen, wenn auch europäischen, Ländern durchaus schwerer nachzuweisen sein könnte?

Christian: Nein, Konkurrenz belebt das Geschäft. Das gilt auch für ausländische Anbieter im Glücksspielsektor. Wenn wir erstmal eine vernünftige und vor allem verlässliche Regulierung des Marktes in Deutschland erreicht haben, wird es auch für private deutsche Anbieter attraktiver, Onlinespielbanken auf den Markt zu bringen.

Stefan: Das Thema Glücksspiel und Onlineglücksspiel ist ja im Allgemeinen eher negativ behaftet. Siehst du in diesem Bereich durchaus auch Chancen und Möglichkeiten für eine positive Entwicklung?

Christian: Klar ist, dass sich natürlich auch in diesem Gewerbe, wie auch in anderen, hin und wieder schwarze Schafe tummeln. Die gesetzlichen Vorgaben, wie etwa die abgedunkelten Scheiben für Spielcasinos, tragen allerdings auch zum negativen Image bei. Ich denke, eine grundsätzliche gesetzliche Neuauflage bei der Regulierung des Glücksspiels würde der gesamten Branche gut tun – auch, weil wir dadurch das Thema endlich mal auf die Agenda bringen. Dazu wäre es allerdings erst einmal nötig, dass alle politischen Akteure die Normalität des Onlineglücksspiels anerkennen.

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7 Kommentare

  1. […] Im Interview mit „GameZine.de“ hat Christian Dürr, Sprecher der FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz, über die rechtliche Grauzone in Deutschland und der EU beim Thema Onlineglücksspiel gesprochen. Über die Komplexität der aktuellen Rechtslage könne er nur den Kopf schütteln, sagte Dürr. „Wer heute online Poker spielt, steht mit einem Fuß bereits im Gefängnis. Das ist irre und absolut nicht zeitgemäß – daher wollen wir das ändern.“ Der Freidemokrat rief die Politik auf, klare und konstruktive Regeln für den deutschen Markt zu schaffen. […]

  2. Wo der Staat sich einmischt, kommt oft großer Unsinn heraus. Beispiel: Die neuen Teilnahmebedingungen bei PokerStars für Spieler aus Schleswig-Holstein. Die können nun nicht mehr frei wählen, an welchem virtuellen Tisch sie spielen wollen, sondern werden nach dem Zufallsprinzip an irgendeinen Tisch gesetzt. Ausdrücklich wird argumentiert, dies diene dem Schutz der Spieler. Tatsache ist aber, daß die wohlüberlegte Tischauswahl eine äußerst wichtige Grundvoraussetzung für profitables Pokerspiel ist. Es leuchtet wohl auch Pokerlaien ein, daß man gut beraten ist, sehr starken und gefährlichen Gegner eher aus dem Wege zu gehen und statt dessen lieber nach Tischen Ausschau halten sollte, wo schwächere Spieler zu identifizieren sind. Genau das ist Spielern aus Schleswig-Holstein nicht mehr möglich, ein Riesennachteil gegenüber allen anderen Spielern aus dem Rest der Welt, die das weiterhin können. Der Vorteil, nun legal und nicht mehr in einer „Grauzone“ zu pokern (ohnehin nur ein sehr schwaches Argument) wird dadurch völlig zunichte gemacht. Abschreckung durch Legalisierung! Früher war es besser, weil fairer.

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