Wenn der Traum von der Arbeit in der Spielebranche zum Albtraum wird

Bereits vor Kurzem hat Andreas im Artikel „Warum die Spielebranche Arbeitszeiterfassung braucht“ darüber geschrieben wie die Arbeitslast innerhalb der Branche sein Leben beeinflusst hat, ich möchte an dieser Stelle noch ein wenig tiefer gehen.

Als ich angefangen habe in der Spielebranche zu arbeiten, das war im Jahr 2004, konnte ich mir persönlich nichts Geileres vorstellen als Teil dieser Branche zu sein. Ich habe es romantisiert bis zum Erbrechen, mir mega cool vorgestellt und wollte auch an Spielen mitarbeiten die den Markt rocken, was ich auch stellenweise habe.

Jedoch begann sich die Branche um 2010 bis 2012 spürbar zu wandeln. Es ging nicht mehr darum ein geiles Produkt auf den Markt zu bringen, sondern darum Aktionäre glücklich zu machen. Natürlich muss ein Unternehmen auch wirtschaftlich sein, das steht ja auch komplett außer Frage, wenn man dann aber ein und dasselbe Spiel, nur mit anderen Grafiken, immer und immer wieder hochwürgt, damit man ein paar Taler machen kann, dann geht die Motivation sehr flöten.

Ich muss auch sagen ich war am Anfang vielleicht ein wenig naiv. Ich kann mich noch erinnern das sich der Großteil des Teams zum 1-jährigen Jubiläum des Releases an einem Sonntag in der Firma traf, mit einer Flasche Sekt, paar Schnittchen und wir einfach mit den Spielern gemeinsam ein paar Events gemacht haben. Ja, es haben nicht alle teilgenommen, die Geschäftsführung und der Produktmanager haben sich selber ausgeschlossen – offizielle Begründung: ist nicht wichtig.

Gerade, wenn man selber ein Gamer ist und wenn man dann ein Spiel hat was einen wirklich packt und auf dessen Leistung man auch stolz ist, ist sowas dann schon ein Schlag ins Gesicht und holt einen ganz schnell auf den nüchternen Boden der Tatsachen zurück.

Und ja, gerade, weil man selber ein Gamer ist, nimmt man Dinge in dem Umfeld ein wenig persönlich und leistet bedeutend mehr Arbeit als direkt gefordert, indirekt aber schon. Wenn man dann den Punkt erreicht und runterfährt und keine 80 – 100 Stunden Wochen mehr knüppelt wird einem dann vorgeworfen das die Arbeitsleistung abgenommen hätte und schwupps sieht man sich mit Existenzängsten konfrontiert, denn für einen selber hängt ja der Job daran.

Dann leistet man weiter dieses Pensum, wird immer unzufriedener und wechselt das Unternehmen um mit vollem Tatendrang den gleichen Fehler wieder zu begehen: den Arbeitgeber mit erhöhter Arbeitskraft zu verwöhnen, nur um am Ende die gleichen Vorwürfe zu bekommen. Immerhin haben wir doch gelernt das man sich gerade in der Probezeit von der besten Seite zeigen soll.

Das Problem an der Sache ist, man weiß das die Jobs begrenzt sind, man weiß das hunderte oder tausende Fanboys und -girls nur darauf warten das man scheitert, damit diese sich selber den Traum von der Arbeit in der Branche erfüllen können, nur um gegen die gleichen Mauern zu laufen.

Dieses Problem ist strukturell und das Verhalten der frischen Angestellten fördert das Verhalten des Arbeitgebers nur noch, denn aus seiner Sicht muss er ja nichts ändern, gibt ja ausreichend andere Leute die das Gleiche für die gleiche oder geringere Entlohnung machen als man selber. An diesem Problem wird auch die Zeiterfassung innerhalb der Branche nichts ändern, denn, wie gesagt, das sind Probleme, welche die Angestellten selber für sich erzeugen und der Arbeitgeber dieses nur ausnutzt.

Abschließend kann ich nur sagen das ich jetzt, wo ich nicht mehr in der Branche arbeite und in einem komplett anderen Bereich bin, in einer gesetzteren Branche, das komplett anders ist. Überstunden zu haben oder zu machen ist bei uns fast negativ angesehen. Bereits bei 2 Überstunden wird man gefragt wann man die denn mal abfeiern möchte, damit die Personalplanung nicht durch zu lange Ausfälle, aufgrund des Ansammelns von Überstunden, zu sehr gestört ist. Ohne wichtigen Grund sind wir bei meiner aktuellen Arbeit dazu angehalten nicht mehr als 10 Minuten Überstundenzeit pro Tag anzusammeln, worauf die Vorgesetzten und die Vorgesetzten der Vorgesetzten sehr strikt achten.

Wegen meiner Erfahrung weiß ich das zu schätzen und fühle mich fast wie im Arbeiterhimmel, vielleicht habe ich vorher auch einfach nur bei beschissenen Firmen gearbeitet.

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