
Heavy Rain, erschienen im Jahre 2010, ist dabei ohne Frage ein extremes Beispiel für Spiele, welche neben dem Gameplay an sich einen starken Fokus auf Cutscenes legen und diese sogar bewusst in den Vordergrund stellen. Nicht umsonst wird das Spiel laut Wikipedia in das Genre des interaktiven Films eingruppiert und gehört damit eher zu einer Nischengruppe der Gaming-Welt.
Speziell im Fall von Heavy Rain kommt das Spielen an sich daher recht kurz und die Tasten des Controllers sowie die Finger des Spielers, bzw. des Zuschauers werden eher durch die verquere Steuerung beansprucht als durch ausladende Gameplay-Sequenzen. Wenn der Spieler dann etwas zu tun hat, sind es häufig recht triviale Dinge, wie beispielsweise die Körperpflege des Protagonisten gleich zu Beginn des Spiels. Stellenweise kommen einem die mehr oder weniger eingestreuten Gameplay-Sequenzen daher eher wie Alibi-Aufgaben vor, die lediglich eingebaut wurden um das Spiel gerade noch so als eben solches auf den Markt bringen zu können.
Manch ein Zuschauer, Verzeihung, Spieler mag sich nun die Frage gestellt haben, warum die Idee hinter Heavy Rain, welche zweifellos eine spannende Kriminalgeschichte birgt, nicht gleich komplett als Film umgesetzt wurde. Die Gameplay Elemente sind fast schon trivial und bestehen neben Vorwärtslaufen vor allem aus Quick-Time-Events, also wozu das Ganze überhaupt als Spiel vermarkten? Die Antwort auf diese Frage mag zunächst simpel erscheinen, ist aber im Fall von Heavy Rain entscheidend: Durch das aktive Mitwirken am Geschehen und speziell durch das Kontrollieren des eigentlichen Mörders fühlt sich der Spieler emotional weitaus stärker in den Plot involviert als es bei einem Film je möglich sein würde. Anstatt nur oberflächlicher Zuschauer zu sein, befindet man sich als Spieler aktiv im Geschehen und trifft Entscheidungen, welche das Ende des Spiels maßgeblich beeinflussen.
Ähnlich verhält es sich mit The Witcher 3: Wild Hunt. Zwar ist dieses Spiel nicht als interaktiver Film deklariert, das im Jahre 2015 veröffentlichte Fantasy-Spektakel überzeugt aber dennoch neben einer charismatischen Hauptfigur vor allem aufgrund seiner einfalls- und abwechslungsreichen Quests, welche häufig aus mehrminütigen Videoszenen bestehen. Auch hier finden sich Beschwerden über arg ausschweifende Cutscenes und auch ich finde mich zugegebenermaßen oft ungeduldig dem Ende der laufenden Videosequenz entgegensehend, um endlich wieder selber handeln und kämpfen zu dürfen. Gewisse Quests, wie beispielsweise die Quest Reihe um Rittersporns Kabarett, welche lediglich einen Streckenlauf von A nach B erfordert um damit die nächste Cutscene auszulösen, erscheinen beizeiten tatsächlich etwas langatmig und lassen das Game stellenweise fast schon eher zu einem Film werden. Es sind Quests wie diese, die eine der großen Stärken von The Witcher 3, nämlich das Erzählen von grandiosen Geschichten, fast schon wieder zu einer Schwäche werden lassen.
Meiner Meinung nach kann die Symbiose aus Film und Spiel hervorragend funktionieren, solange diese konsequent umgesetzt wird. Tatsächlich sehe ich weiteren Spielen im Stil von Heavy Rain durchaus positiv entgegen und befürworte diese Art der Kombination von Spiel und Film. Problematisch wird es meines Erachtens nach sobald, wie auch im Fall von The Witcher 3, dem Spieler das Gefühl vermittelt wird er wäre in einem Action-Adventure, welches eigentlich hauptsächlich auf das Mitwirken des Spielers ausgelegt ist, eigentlich überflüssig. Immer dann, wenn in gewissen Quests die Balance aus Cutscenes und Gameplay Elementen unvermittelt und sporadisch ins Wanken gerät drohen selbst grandiose Spiele wie The Witcher 3: Wild Hunt zu zähen Aneinanderreihungen von Video-Episoden zu werden, die dem Spiel oft die Fahrt rauben können. Ohne Frage braucht The Witcher 3 den Film genauso, wie Heavy Rain das Spiel braucht um gut zu funktionieren und den Spieler richtig zu fesseln. In manchen Fällen, und dazu gehört leider auch der dritte Teil der Sage um den grimmigen Hexer, wäre etwas weniger Film jedoch oft mehr gewesen.