Youtuber gegen Spielepresse: Schaffen Publisher eine Zwei-Klassen-Berichterstattung?

Bethesda verschickt keine Testmuster von Spielen mehr vor Release des Spiels – Ausnahme stellen einige Youtuber dar. Entsteht hier eine Zwei-Klassen-Berichterstattung?

Wie sich Gamer über Computerspiele informieren, hat sich gewandelt. Heute werden immer weniger Computermagazine konsumiert, Websites und Youtube stehen im Vordergrund. Vor allem Youtube, da – gerade auch durch die Möglichkeit der Live-Videos – die Spiele noch viel persönlicher und direkter vorgestellt werden können. Let’s Plays haben einen Nerv bei der Jugend getroffen. Viele Videos werden millionenfach angeklickt, die Reichweite ist enorm. Klar, dass Spiele-Publisher und Entwickler dies als eine Art der Werbung für sich entdeckt haben.

Ist Journalismus in der Spielebranche noch relevant?

Vor allem, da sich viele Youtuber damit zufrieden geben, das Spiel einfach vor allen anderen spielen zu können. Denn wer ein neues Spiel als erstes zeigt, bekommt die meisten Klicks und damit auch das meiste Geld durch Werbeeinnahmen. Bei Youtube spielen einfach Gamer die Spiele und geben ihre Meinung dazu ab. Es handelt sich nicht um Spiele-Journalisten, die versuchen, einem gewissen Anspruch gerecht zu werden. Einem Anspruch, den Leser über viele Jahre aufgebaut haben. Einen journalistischen Anspruch. Es geht beim Spiele-Journalismus nicht nur darum, ein Spiel zu präsentieren und zu sagen, ob es gut oder schlecht ist. Es wird regelrecht analysiert, auseinander genommen und möglichst „professionell“ dargestellt. Youtuber spielen in der Regel einfach drauf los und zeigen, ob etwas Spaß macht oder nicht.

Youtube bringt allerdings auch Nachteile mit sich, wie man in der Vergangenheit gesehen hat. Man erinnere sich an die Situation rund um das Spiel Mittelerde: Schatten von Mordor. Publisher Warner Bros. bezahlte einige Youtuber dafür, positiv über das Spiel zu berichten, ohne dies als Werbung zu kennzeichnen. Viele Youtuber sind jung und naiv. Sie können mit dem, was ihnen Spaß macht, viel Geld verdienen. Da herrscht die Mentalität: Wird schon passen. Wird schon passen, wenn ich meine Videos mit urheberrechtlich geschützter Musik untermale. Wird schon passen, wenn ich eine Limoflasche einer bekannten Marke im Video zeige und darstelle, wie es mir schmeckt und dafür Geld bekomme. Wird schon passen, wenn ein Publisher mir heimlich Geld gibt, damit ich positiv über sein neues Spiel berichte. Es gibt keine Regulierungen.

Im Bereich der Spielejournalismus wurde immer wieder behauptet, dass dort geschmiert und bestochen wird. Doch während meiner Zeit bei einem großen Verlag hat mir nicht ein einziges Mal ein Publisher Geld für positive Berichterstattung geboten. Es gab Diskussionen, wenn eine Wertung niedriger war als das, was der Publisher erwartet hatte. Ja, es gab auch mal Ärger. Exklusivdeals wurden immer extrem gut abgewägt und oft sogar abgelehnt. Doch der Verlag wusste ganz genau, dass Bestechungen nur Schaden anrichten. Wäre so etwas an die Öffentlichkeit gelangt, hätte das Unternehmen dicht machen müssen. Außerdem stand bei uns immer die Meinungs- und Pressefreiheit an oberster Stelle. War ein Spiel Mist, dann hat man es auch so dargestellt. Egal, wie viel Werbung der Publisher im Heft geschaltet hatte und egal, welche Sanktionen er androhte. Vielleicht war das mit ein Grund, warum es sich immer weniger gelohnt hat, ein Magazin zu produzieren.

Wie weit kann man Youtubern trauen?

Youtube ist nicht so transparent. Die meisten Youtuber sträuben sich mit Händen und Füßen, direkt im Video dauerhaft „Werbung“ einzublenden, obwohl das bei einem Großteil der Videos nötig wäre. Denn Werbung würde die Zuschauer abschrecken, was zu weniger Klicks und damit zu weniger Einnahmen führt. Im Hintergrund laufen viele Geschäfte, von denen die Zuschauer überhaupt nichts mitbekommen. Die Publisher sind ja nicht doof. Sie erkennen, dass sie mit relativ wenig Kosten viel über Youtuber erreichen können, die zudem oft noch grün hinter den Ohren sind. Klar, dass diese Form der Spiele-Präsentation bevorzugt wird.

Doch, wenn Youtuber gegenüber der regulären Spielepresse bevorzugt werden und Youtuber vor der Spielepresse Testmuster erhalten, wie weit kann man ihnen dann noch trauen? Warum gibt ein Publisher ausgewählten Youtubern vorab Spielemuster, der Presse aber nicht? Als Gamer sollte man hier sehr vorsichtig sein. Exklusivdeals beeinflussen oft die Meinung und wer weiß, was da im Hintergrund noch so alles läuft. Sicher ist aber, dass momentan eine Zwei-Klassen-Berichterstattung geschaffen wird, bei welcher der Journalismus immer mehr benachteiligt wird und in den Hintergrund rückt. Ich halte das für eine bedenkliche Entwicklung.

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