Ein Blick hinter die Kulissen des Balancings in Armored Warfare

Der Ausbalancierungsprozess ist eine heikle Angelegenheit. Sein primärer Zweck besteht darin, den Spielern die bestmögliche Spielerfahrung zu bieten. Während die Entwickler die Geschichte hoch wertschätzen, wollen sie den Spielern ein möglichst ausgewogenes Gameplay bieten.  Deswegen haben Obisidian Entertainment in Armored Warfare mehrere Maßnahmen getroffen, damit dieser Spagat ohne Probleme von statten geht.

Die Entwickler versuchen, Fahrzeuge zu meiden, die ein Gleichgewichtsrisiko im Balancing darstellen könnten. Die wohl offensichtlichsten davon sind verschiedene Jagdpanzer oder Selbstfahrlafetten extremer Kaliber, wie zum Beispiel der britische FV215b mit seiner 183-mm-Kanone. Dieser Panzer existierte nur als Lehrmodell und obwohl es theoretisch möglich wäre, ihn in Armored Warfare aufzunehmen, soll ausdrücklich vermieden werden, dass derart schlecht ausbalancierte Waffen mit einem zu hohen Schadenspotential pro Schuss ihren Weg in das Spiel finden (der Schaden nimmt allgemein mit dem Kanonenkaliber zu). Durch einen einzelnen Schuss getötet zu werden, macht keinen Spaß, und dieser Effekt kann Spieler letztendlich frustrieren.

So werden die unterschiedlichen Fahrzeuge in Armored Warfare ausbalanciert

Lest im Folgenden, wie wir in Armored Warfare die Fahrzeuge ausbalancieren, um euch, den Spielern, die bestmögliche Spielerfahrung zu bieten.
Der Ausbalancierungsprozess ist eine heikle Angelegenheit. Sein primärer Zweck besteht darin, die bestmögliche Spielerfahrung zu bieten. Heute wollen wir uns ansehen, wie genau der Entwicklungsprozess in diesem Bereich von statten geht:

Es gibt zwei Dinge, die wir als Entwickler bei der Auswahl eines Fahrzeugs in Armored Warfare beachten müssen:

  • Seine Rolle im Spiel und die möglicherweise damit verbundenen Probleme
  • Historische Genauigkeit

Während wir die Geschichte hochachten, wollen wir unseren Spielern ein möglichst ausgewogenes Gameplay bieten. Wir haben also mehrere Maßnahmen getroffen, damit unsere Spieler die bestmögliche Spielerfahrung erhalten.

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Geeignet oder nicht?

Beim Nachdenken darüber, welche Fahrzeuge für Armored Warfare geeignet sind, steht uns ein breites Spektrum an Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. Es gibt viele potentiell geeignete Fahrzeuge, aber einige von ihnen haben Eigenschaften, die eher schlecht zu unserem Spiel passen.

Wir versuchen, Fahrzeuge zu meiden, die das Gleichgewicht der Spielbalance kippen könnten. Die wohl offensichtlichsten davon, sind verschiedene Jagdpanzer oder Selbstfahrlafetten extremer Kaliber, wie zum Beispiel der britische FV215b mit seiner 183-mm-Kanone. Dieser Panzer existierte nur als Lehrmodell und obwohl es theoretisch möglich wäre, ihn in Armored Warfare aufzunehmen, möchten wir ausdrücklich vermeiden, derart unausbalancierte Waffen mit einem potentiell zu hohen Schaden pro Einzel-Schuss zu haben (der Schaden nimmt allgemein mit dem Kanonenkaliber zu). Durch einen einzelnen Schuss getötet zu werden, macht keinen Spaß und dieser Effekt kann Spieler letztendlich frustrieren.

Auch ohne derart extremen Fahrzeuge stehen uns buchstäblich hunderte von Kandidaten zur Auswahl. Unser Waffenhändler-System ermöglicht einen Fortschritt von Panzer zu Panzer, ohne durch die Ursprungsländer der Fahrzeuge eingeschränkt zu werden; dadurch können wir wiederum auf projektinterne oder Prototypenfahrzeuge verzichten, die sonst zum Schließen von Lücken in den Progressionsblöcken erforderlich wären. In Armored Warfare werden Prototypenfahrzeuge allgemein die Rolle von Premium-Panzern erfüllen, während es projektinterne Fahrzeuge gar nicht geben soll.

Eine Klasse… aber welche?

Spieler werden folgende Fahrzeugklassen spielen können:

  • Kampfpanzer (charakterisiert durch ihre exzellente Panzerung)
  • Leichtpanzer (herausragende Mobilität und Zielgenauigkeit beim Fahren)
  • Jagdpanzer (leistungsfähige und zielsichere Geschütze, aber eine insgesamt schlechte Panzerung)
  • Panzerkampfwagen (leichte Fahrzeuge, die in erster Linie Aufklärung leisten)
  • Selbstfahrlafetten (Artillerieklasse mit indirektem Feuer)

Bei den Kampfpanzer- und Artillerie-Kandidaten ist die Zuordnung der Klasse normalerweise sehr einfach, aber bei den anderen drei ist das viel unklarer. Während zum Beispiel einige Fahrzeuge eindeutig Jagdpanzer sind, gibt es in anderen Fällen eine ziemliche Überlappung unterschiedlicher Rollen.

Bei der Auswahl der Fahrzeugrolle versuchen wir zuerst, uns an der ursprünglichen Fahrzeugbezeichnung zu orientieren. Einige leichte Panzer könnten die Aufklärungsrolle zweifelsohne sehr gut ausführen, doch wenn der Hersteller und der Anwender eigentlich die Absicht hatten, sie als (Leicht)Panzer einzusetzen, bleiben wir meistens bei dieser ursprünglichen Bezeichnung.

Letztendlich entscheidet das Gameplay darüber, wie wir die für mehrere Rollen geeigneten Fahrzeuge einsetzen. Einer der Schlüsselfaktoren bei dieser Entscheidung ist die Bewaffnung des Fahrzeugs. In der Regel sehen wir uns seine Hauptbewaffnung an (die eine Kanone oder auch ein Raketenwerfer sein kann).

Zum Beispiel werden Fahrzeuge, die mit einem Geschütz ab 90mm und einer mittleren oder hohen Geschossgeschwindigkeit ausgestattet sind, generell zu Panzerzerstörern, während Fahrzeuge mit weniger effektiven Geschützen zu AFVs werden. Die Gameplay-Balance spielt bei dieser Entscheidung eine Rolle, denn jede Klasse hat ihre eigenen Boni, und so lautet an diesem Punkt die wichtigste Frage für uns: „Was wollen wir, dass Spieler damit machen?“

Ein weiterer Punkt ist, dass einige Klassen im Spiel nicht repräsentiert sind. Dieses Problem lässt sich auf zwei Art lösen:

  • Das Standardverfahren ist, die am ehesten für das Fahrzeug geeignete Klasse zu finden. Um ein Beispiel zu nennen: In Armored Warfare gehören schwere Panzer wie der sowjetische T-10 zur Gruppe der Kampfpanzer. Andere Panzer (wie zum Beispiel der T-54/55) waren eigentlich als mittlere Panzer gedacht, aber sowohl schwere als auch mittlere Panzer sind im Spiel als Kampfpanzer repräsentiert.
  • In einigen Fällen überlegen wir, das Spiel um bestimmte Klassen zu erweitern. Ein Beispiel dafür ist die Klasse der selbstfahrenden Mörser, die wir später möglicherweise zu Armored Warfare hinzufügen.

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Ausbalancieren eines Fahrzeugs vor dem Release

Bevor wir anfangen, an einem Fahrzeug zu arbeiten, haben wir generell einen Rang dafür im Sinne. Einige Fahrzeuge sind einfach zu leistungsstark, um früh im Spiel zu erscheinen, und der Kampf zwischen einem Abrams und einem T-55 in der Wüste wäre vielleicht realistisch, aber sicher nicht angenehm. Deshalb vergleichen wir die Eigenschaften der Fahrzeuge und bringen diese allgemein nach Alter und Leistung in gleichen Rängen zusammen.

Wenn ein Fahrzeug für das Spiel ausgewählt wird, ist sein ursprünglicher Zustand so historisch wie möglich. Die historischen Eigenschaften basieren auf zahlreichen Quellen, meistens Fachpublikationen: Büchern, Militärzeitschriften und Enzyklopädien. Unsere Faustregel ist, so viele Quellen in der Originalsprache zu benutzen wie möglich; unsere Daten für die früheren sowjetischen Panzer stammen zum Beispiel normalerweise aus russischen Quellen.

Die historischen Eigenschaften umfassen für gewöhnlich: Panzerung, Geschwindigkeit, Schwenkung und andere Werte, die wir zuverlässigen Quellen entnehmen. In einigen Fällen sind die Panzer zu modern, als dass ihre Eigenschaften irgendwo veröffentlicht wären, weil einige Aspekte wie zum Beispiel die Zusammensetzung der Panzerung geheim sind. In diesen Fällen benutzen wir Schätzungen renommierter Autoren, die normalerweise in verschiedenen Quellen veröffentlicht werden. Andere hervorragende Informationsquellen sind spezialisierte Webseiten, wo Panzer-Enthusiasten aus aller Welt ihr Wissen austauschen. Falls angesehene Quellen keine Daten liefern, stützen wir uns auf unterschiedliche Schätzungen und Vergleiche mit anderen existierenden Fahrzeugen.

Bestimmte Werte und Fahrzeugeigenschaften sind manchmal dokumentiert, können aber nicht verwendet werden. Ein typischer Fall ist die Durchschlagkraft der Kanone. In Armored Warfare basiert die Durchschlagkraft in etwa auf realen Werten für unterschiedliche Geschosse, die aus 2000 Metern abgeschlossen werden (bei einer um 30° abgeschrägten Panzerung). Die Fahrzeuge werden aber nicht aus einer Distanz von 2000 Metern kämpfen, und es wäre auch kein gutes Spiel, bei dem man auf winzige Punkte im Visier feuert. Die Durchschlagkraft bei nahen Entfernungen muss künstlich reduziert werden, damit der Panzerungsmechanismus im Spiel relevant bleibt – und genau aus diesem Grund wird die Durchdringung in Armored Warfare als ein Balance-Parameter betrachtet. Andererseits ist die Grundlage der Durchschlagkraft immer real, und keine Geschütze sollten absolut ausgefallene Werte haben.

Nach dem Aufbau des historischen Fahrzeugs wenden wir sowohl bei historischen als auch anderen Werten verschiedene Ausgleichsmechanismen und Korrekturen an. Bei der Genauigkeit der Kanone, genau wie der Nachladezeit und anderen Werte, die das Gameplay stark beeinflussen, lassen wir uns beinahe ausschließlich von der Spielbarkeit leiten.

Wenn man den Einfluss der Klasse auf das Gameplay bedenkt, wird klar, dass einige Anpassungen der Balance historischer Werte bereits sehr früh ausschließlich auf der Grundlage der Klasse gemacht werden müssen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Klasse der Kampfpanzer. Im realen Leben sind Kampfpanzer die ultimative Evolution des mechanisierten Krieges, und wenn sie im Spiel genauso stark wie in der Wirklichkeit wären, würden alle anderen Fahrzeugklassen überflüssig werden. Deshalb sind einige Parameter angepasst, damit andere Klassen eine Chance gegen diese gepanzerten Giganten haben.
Nach dieser Anfangsphase durchläuft jedes Fahrzeug vor seiner Veröffentlichung eine Reihe gründlicher Tests und Verbesserungen seiner Balance, damit es seinem Rang und seiner erwarteten Rolle entspricht. Mit der Zeit finden zahlreiche Iterationen der Balance statt, um das Fahrzeug so einsatzbereit wie möglich zu machen.

Ausbalancieren von Fahrzeugen nach dem Release

Die Ausbalancierung endet nicht mit dem Release des Fahrzeugs. Die Kampfstatistiken jedes Fahrzeugs werden sorgfältig mit seiner Siegeshäufigkeit und vielen anderen Attributen verglichen. Der Analyse- und Ausgleichsmechanismus ist ziemlich komplex. Matt Festa (leitender Systemdesigner bei Obsidian Entertainment) erklärt diesen Prozess wie folgt:
Für diese Art der Analyse erschaffen wir eine Pipeline zum Sammeln von Daten/Telemetrie, damit wir die riesigen Mengen an zukünftigen (und in einem kleineren Maße an aktuellen) Kampfdaten ausbeuten und nach möglichen Anhaltspunkten dafür suchen können, dass ein bestimmtes Fahrzeug, eine bestimmte Fahrzeugklasse, ein bestimmter Fahrzeugrang usw. sich so verhalten, wie wir das möchten. Es gibt viele gute Indikatoren, wenn es darum geht, wie über- oder untermotorisiert ein Fahrzeug möglicherweise ist, aber manchmal muss man sie sich in unerwarteten Kombinationen ansehen, um wirklich zu verstehen, warum sie nicht wie erwartet funktionieren.

Ein offensichtlicher Indikator dafür, dass ein Fahrzeug übermotorisiert ist, wäre, wenn die durchschnittliche Reputation, die es bei allen Spielern in einem Kampf verdient, die durchschnittliche Reputation anderer ähnlicher Fahrzeuge (selber Rang, selbe Klasse) überschreitet. Dasselbe gilt auch für den verursachten Gesamtschaden oder so ziemlich jede Kampfstatistik, die beim Ermitteln der Kampfbelohnung pro Spieler verwendet wird. Die Community könnte aber auch vielfach melden, dass ein bestimmtes Fahrzeug übermotorisiert ist, obwohl es beim Abgleich der Daten dem Durchschnitt entspricht. In diesem Fall braucht man etwas mehr Analyse unter Verwendung mehrerer Datenpunkte.

Ein gutes Beispiel sind Fälle, wo ein Fahrzeug bei typischen Spielern durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Kampfergebnisse erzielt, aber in den Händen eines Hardcore-Spielers völlig übermotorisiert ist. Das kann oft deshalb so sein, weil die Hardcore-Spieler einen Weg gefunden (und miteinander geteilt haben), um eine bestimmte Stärke des Fahrzeugs auszunutzen, die ein Gelegenheitsspieler entweder nicht bemerkt oder nicht so effektiv wie ein Hardcore-Spieler ausnutzen kann. In diesem Fall wäre die einzige Möglichkeit, das zu identifizieren, die Verwendung einer durchschnittlichen Reputation (oder eines durchschnittlichen Schadens usw.) und das Aufteilen dieser Daten anhand der Kampffertigkeit der Spieler in Gruppen und ein Vergleich der durchschnittlichen mit diesem Fahrzeug verdienten Reputation für jeden Kampffertigkeitsbereich mit der durchschnittlichen Reputation, die in allen Fahrzeugen pro Kampffertigkeitsbereich erzielt wird.

Danach wäre klar, dass wenn Hardcore-Spieler in diesen Fahrzeugen 50% mehr Reputation erreichen als in anderen ähnlichen Fahrzeugen, es ein Problem mit der Balance geben muss, das einer Lösung bedarf.

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Neugewichtung von Premium-Fahrzeugen

Die vielleicht empfindlichste Frage ist die der nachträglichen Ausbalancierung von Premium-Fahrzeugen. Wir möchten keine Dienste ändern, für die Spieler bereits bezahlt haben, abgesehen von der Implementierung von Verbesserungen, so weit das möglich ist. Andererseits bemühen wir uns, unseren Spielern eine faire Umgebung ohne toxische Pay-to-Win-Elemente anzubieten, welche das Spiel letztendlich für alle schlechter machen.

Die Neugewichtung ist ein sensibles Thema in Bezug auf jedes Spielsystem, und die Balance von Fahrzeugen steht ganz oben auf dieser Liste. Wir werden alles Mögliche tun, um gut ausbalancierte Fahrzeuge zu veröffentlichen, doch durch die Einführung neuer Fahrzeuge und Spielsysteme kann sich das erreichte Gleichgewicht verändern. Damit die Umgebung ausbalanciert und spannend bleibt, werden wir nicht davor zurückscheuen, bei Bedarf Änderungen vorzunehmen.

Viele Spieler können genauso viel oder mehr Geld bezahlen, um „reguläre“ Fahrzeuge freizuschalten – Premium-Fahrzeuge als solche sollten also nicht von der nachträglichen Ausbalancierung ausgeschlossen werden, nur weil dafür bezahlt wurde. Premium-Fahrzeuge sind immerhin ein Teil der gesamten Spielumgebung, und die Balance muss respektiert werden. Hoffentlich werden bei diesen Fahrzeugen keine Anpassungen von Parametern notwendig werden, da sie ohnehin von Anfang an auf weniger Leistung eingestellt sind als ein komplett optimiertes Fahrzeug desselben Rangs.

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